Genauigkeit der Frässpindeln, Gedanken, Hobby
Lieber Leser!
Eine zugegeben ansprechende Diskussion im CNCWERK-Forum hat mich veranlasst, ein Statement abzugeben. Ich bin sicher, dass es Euch als Einsteiger irgendwann genauso geht wie den vielen Anderen, und das kann bis zur Verzweiflung gehen. Damit Ihr Euch nicht vorschnell entmutigen lasst, hier (m)ein Beitrag, den ich hiemit auch hier bringen möchte:
Die Entwicklung der Chinafrässpindeln geht seitens der Chinesen in den letzten Jahren ohnehin in eine scheinbar kundenorientierte Tendenz. Ausgehend von UK, wo der Wunsch nach präzisem Rundlauf mehr ausgeprägt war als bei uns, ist es fast schon auch in Deutschland Mode, Chinafrässpindeln mit vernachlässigbarem Rundlauf anzubieten.
Hingegen macht sich inzwischen aber eine andere, unangenehmere Seuche breit:
Die Qualität der Spindeln leidet extrem. Ich bekomme immer mehr Berichte von Bloglesern, deren Spindeln heiß oder gar unbrauchbar werden, Lagerdefekte werden mehr, auch scheint es mir, als dass die Haptik leidet. Dünner, weniger Material, einfacher, kostengünstiger. Der Kunde will keine € 300,00 mehr alleine für die Frässpindel bezahlen, dann noch die Kosten für den FU, schrecklich. Dem Kunden war das also egal, Hauptsache nur € 130,00 für eine 2,2 Watt-Spindel und der Rundlauf muss auf jeden Fall passen.
Was ich sonst noch immer predige, verhallt leider auch gerne allzu rasch:
Das ER-System ist gar nicht für präzisen Rundlauf gedacht und selbst mit sauteuren Präzisionsspannzangen von Farion oder gar Rego-Fix (die hatte ich mal auf sehr präzisen Frässpindeln als Blogsponsoring testen dürfen), gelingt es jedem von uns alle paar Einspannungen mal, dass man den Rundlauf versaut. Einfacher, und vor allem viel billiger ist es da, mehrmals einzuspannen, zu verdrehen, zu messen, bis es passt. Oder, diesen Adapter hier in meinem Blog, nachzubauen. Wie Alex unlängst „schrub“ oder eher „video-sierte“, ist es ja nicht nur der Rundlauf, sondern vor allem das Eiern, was dann, viel schlimmer, zu nicht lotrechten Schnittkanten führt.
Wenn man die hohen Investitionskosten des heute üblichen Hobbyistenverhaltens betrachtet, komme ich immer mehr zu der Meinung, dass die Meisten von uns einen Knall haben. Das ist ähnlich wie in der Welt der 3D-Drucker-Freaks. Wir lösen mit unseren Maschinen laufend Probleme, die wir ohne unsere Maschinen gar nicht hätten. Hand aufs Herz: Die wenigsten von uns produzieren mit ihren CNC-Fräsen Dinge, die dem tatsächlichen Hobby dienen. Die meisten von uns adaptieren lieber ihre Fräsen, oder ergeilen sich lieber an Servomotoren, Rundlaufoptimierungen, Stepperservos, automatischen Werkzeugwechslern, vierten Achsen und so Zeugs, aber dann ist auch schon wieder Sense. Sinn des Ganzen: Das Hobby ist das Optimieren, anstatt Lokomotiven, Flugzeuge, Schiffe, oder Puppenhäuser zu bauen.
Dagegen kann man aber auch gar nichts einwenden, wenn das Absicht ist und der Betroffene das als gut empfindet. Leider wird das aber irrtümlich aber sehr oft und rasch als Leitlinie für Einsteiger definiert und das ist falsch. Vergleichbar finde ich das mit der heute üblichen Verpartnerung oder in D der Homoehe. Das wird in den Medien so oft wiederholt und in die Gehirne einzementiert, dass meine kleinen Kinder tatsächlich den Eindruck haben müssen, dass das der Mainstream ist und alles Andere nicht normal ist. Bitte, ja, der Vergleich hinkt ein bisschen, aber wir sollten doch auch darauf achten, die Maschinen fürs Hobby zu verwenden und nicht ALS Hobby. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn sich jemand eine EMS Cobra vom Hermann oder eine GP10050 vom Hans Auracher (immerhin aus Stahl) kauft, natürlich mit Markenrundlauffrässpindel, und dann fräst so ein Typ 5 Jahre lang nur Schwibbögen und Bastelholz damit.
Meine Meinung:
Fräst mit den Chinaspindeln so, wie sie aus der Schachtel kommen und gut ist´s. Ihr könnt damit alt und glücklich werden. Die geringen Mehrkosten an Fräserverschleiss sind nicht teurer, wie Eure Ausgaben für Fassbier. Meine Frässpindel hat seit 6 Jahren um die 2000 Stunden überlebt, davon zweimal 2 Stunden ohne Wasserkühlung, das war ihr egal und sie geht noch immer wie am ersten Tag. Bei einem Rundlauffehler meiner Chinaspindel von ca. 5/100mm mache ich schönere Werkstücke wie so manche Weltverbesserer, die ihre Alufräsen polieren, um sie gleich danach mit Klarlack zu schützen und nach der Fertigstellung nie mehr einschalten. Der Dreck darf und muss spritzen dürfen, auch sind mir Werkstatträume, die adrett und nett sind, immer suspekt, weil nicht genutzt (Werkstatteinrichtung als eigenes Hobby …).
Das mal so einfach zum Nachdenken, und jetzt dürft Ihr mich dafür prügeln.
Grüsse, Euer Heini
Da ist doch mal der Nagel auf den Kopf getroffen worden 🙂
Klasse Kommentar! Gerade heute morgen haben mein Vater und ich beim Frühstück über genau das Thema diskutiert. Die Fräse ist ein Unter-Hobby im Hobby und verdrängt das eigentliche Hobby.
Hallo Heini,
treffender geht der Bericht wirklich nicht! Danke!
Auch der letzte Satz von Andre Stier passt bestens.
Gruß Fritz
Hallo Ihr Alle!
Vielen Dank,
lg, Heini